Professor Dr. Christian Berg ist Chefarzt an der Klinik für Angiologie, Diabetologie und Endokrinologie am Evangelischen Krankenhaus in Mettmann.

Prof. Dr. Christian Berg lernte ich im Rahmen einer Podiumsdiskussion in Berlin 2022 zum Thema „Hightechmedizin der Zukunft“ kennen. In diesem Zusammenhang fanden wir unsere Arbeit, den Austausch und die gemeinsamen Überlegungen zum Thema Medizin und Kooperation spannend und wichtig. 

Gerade die endokrinologische Diagnostik ist nicht nur bei einer Krebserkrankung von Bedeutung, sondern auch in der Prävention. Christian ist für mich ein offener und warmherziger Mensch und Arzt. Aus diesen Gründen war mir das Interview mit Christian wichtig.


Die erste Frage beim Einstieg in unser Gespräch ist erst mal eine allgemeine: Wie sehr beeinflussen Hormone uns und worauf sollte man achten, um gesund zu bleiben?

Generell ist mein Leitsatz: Hormone steuern unser Leben. Ein ausgeglichenes Hormonsystem ist für alle Körperfunktionen sehr wichtig und wenn es irgendwo Drüsenfunktionen gibt, die aus dem Takt geraten sind, dann führt das schon zu schwerwiegenden Stoffwechselstörungen – nicht nur zu Befindlichkeitsstörungen.

Deswegen sehe ich eine endokrinologische Diagnostik immer als Basis und als sehr wichtig an. Falls also ein Patient zu mir kommt und sagt: „Herr Doktor, ich möchte mal meine Hormone durchchecken“, dann mache ich das auch – und zwar immer recht breit.

Dabei gucken wir mittels eines Screening-Profils alle Drüsenfunktionen des Körpers einmal durch. Natürlich ist klar, dass die Schilddrüse dabei eine der wichtigsten Drüsen des Körpers ist, weil das Schilddrüsenhormon das Hormon ist, was uns antreibt, uns ein bisschen einheizt und auch den Stoffwechsel stark beeinflussen kann.

Das kennt man beispielsweise von einer Schilddrüsenüberfunktion: Wenn man hier zu viele Schilddrüsenhormone hat, dann ist man relativ nervös, ständig am Schwitzen, man ist unausgeglichen, hat Herzrasen und ganz viele andere Symptome, die man manchmal gar nicht zuordnen kann. Und umgekehrt nimmt man bei einer Unterfunktion beispielsweise an Gewicht zu, friert ständig, hat Haarausfall und so weiter …

Bei einer Unterfunktion kann man auch Haarausfall bekommen?

Ja, dann kriegt man Haarausfall – einen ziemlich deutlichen sogar – und teilweise verändert sich auch die Haut, sie wird teigiger. Während man bei der Überfunktion eher eine dünnere, schwitzige Haut bekommt.

Das sind halt alles sehr diffuse Symptome – und das will ich am Beispiel der Schilddrüse klarmachen: Was Hormone alles bewirken können und weshalb es wichtig ist, sie genauer anzusehen, denn die meisten kennen einen Endokrinologen gar nicht, sie wissen oft auch nicht, was das Wort überhaupt heißt.

Auch in der Ärzteschaft stehen wir wenig im Mittelpunkt, immer erst dann, wenn die Ärzte ganz verzweifelt sind und nicht mehr weiterwissen, schicken sie die Patienten zum Endokrinologen. Bis dahin wurde aber das Herz, der Magen-Darm-Trakt et cetera schon untersucht und nichts gefunden … Dann ist es aber meistens schon zu spät.

Bedeutung der Endokrinologie

Gehört also zu deinem Verständnis, wenn wir über eine umfängliche Diagnostik, die durchgeführt werden sollte, sprechen, neben der Magen-Darm-, der Zell- und kardiologischen Diagnostik, auch die Endokrinologie dazu?

Ja, ganz klar. Weil wir hier über die Botenstoffe im Körper reden, die zirkulieren und vom Körper gesteuert werden müssen. Die Hauptsteuerzentrale, das „Steuergerät“ ist ja die Hirnanhangdrüse, die alle anderen Drüsen im Körper – unter anderem auch die Schilddrüse, die Nebenniere und so weiter – steuert.

Und wenn man krank ist, egal ob man nun eine Tumorerkrankung oder eine Entzündung hat oder irgendwas anderes, dann wird das Hormonsystem immer in Mitleidenschaft gezogen.

Jemand, der beispielsweise auf der Intensivstation liegt, hat ganz schlimme Hormonwerte und jemand, der an Krebs erkrankt ist und vielleicht gerade eine Chemotherapie hinter sich und ganz viel Kortison bekommen hat, der hat eine total verschobene Nebennierenrindenachsenfunktionen. Es gibt hier tausende Beispiele, deswegen finde ich einen generalistischen Ansatz immer gut.

Und wenn eine Krebserkrankung besteht, ist es aus deiner Sicht erforderlich, dass auch immer eine endokrinologische Diagnostik durchgeführt wird, die begleitend zur Chemotherapie läuft, um gegebenenfalls Probleme, die auftauchen könnten und aus Hormonschwankungen entstehen, verbessern zu können?

Das finde ich essentiell – bleiben wir mal bei dem einfachen Beispiel der Schilddrüse: Du hast eine Krebsdiagnose bekommen und es wird ein CT gemacht. Dann bekommst du ein CT mit Kontrastmittel und wenn man vorher nicht die Hormone gecheckt hat – etwa die Schilddrüsenhormone –, oder man keinen Schilddrüsenultraschall gemacht hat, dann haben wir vielleicht übersehen, dass man einen Knoten in der Schilddrüse hat – und jede dritte, vierte Frau hat Schilddrüsenknoten, ohne es zu wissen.

Und falls diese Knoten aktiv sind und man bekommt dann das Kontrastmittel gespritzt, in dem sich sehr viel Jod befindet, dann spielen diese Knoten in der Schilddrüse durch das Kontrastmittel plötzlich verrückt – und man bekommt eine schwere Schilddrüsenüberfunktion.

Das ist ein bekanntes Phänomen, aber man muss es halt wissen und es beachten. Wir machen immer Schilddrüsenultraschall und eine Hormondiagnostik. Ein anderes Beispiel ist, falls eine Chemotherapie ansteht, dass man viel Kortison bekommt. Viel Kortison legt jedoch die eigene Produktion der Nebenniere lahm.

Das bedeutet: Eigentlich produziert die Nebenniere ja das Stresshormon Cortisol, und wenn man jetzt von außen ganz viel Kortison im Rahmen der Chemotherapie bekommt, ist die Nebenniere erstmal für ein paar Wochen, manchmal auch für Monate geplättet. Die Folge daraus ist eine Fatigue-Symptomatik, eine Abgeschlagenheit, eine Müdigkeit. Und das liegt an einer untergeregelten Nebennierenfunktion, also an einer schwachen Nebenniere.

Von daher ist es auch hier wichtig, einmal zu wissen, wo steh ich denn überhaupt, bevor ich loslege, oder was mache ich mit einem Patienten oder einer Patientin, die so eine lange Chemo hinter sich hat, was ja kein Spaziergang ist.

Gibt es eine Untersuchung, womit man sich vor Störungen im Hormonhaushalt oder an der Schilddrüse explizit schützen kann? Eine Art Prävention?

Ja, das gibt es. Bei der Schilddrüse ist natürlich eine ausreichende Jodzufuhr wichtig. Falls man Hashimoto-Patient:in ist – also eine schleichende Entzündung der Schilddrüse hat, die in einer schwachen Schilddrüse enden kann –, sollte man ausreichend Selen zuführen. Manchmal ist auch ein Schilddrüsenhormon selbst notwendig, um zum Beispiel Knoten zu verkleinern. Man kann sich hier also schon schützen.

Wenn für dich eine breite Diagnostik zur Prävention gehört, in welchen Abständen würdest du eine endokrine Diagnostik empfehlen?

Einmal auf alle Fälle eine grundsätzliche Diagnostik machen – und dann ist es natürlich abhängig vom Befund.

Aber in der Prävention würdest du sagen, dass einmal im Jahr eine ordentliche Diagnostik sinnvoll ist, oder?

Ja. Wenn man aber jetzt kerngesund ist, dann natürlich nicht. Aber wir reden jetzt über Krebspatienten, da ist es eine gute Sache.

Das Medikament Tamoxifen stand in einer Studie des Ärzteblatts aus 2015 in der Kritik: Aus dieser Studie geht hervor, dass Zweifel an der Wirksamkeit bestehen, aber das Risiko für Gebärmutterhalskrebs enorm steigen kann. Dennoch wird es weiterhin empfohlen. Kannst Du dazu etwas sagen?

Ich selbst spreche die Indikation ja nicht aus, das ist Sache des Onkologen oder betreuenden Gynäkologen. Aber Tamoxifen ist ein seit Jahrzehnten bewährtes Medikament, es hat seine Wirksamkeit und ist weiterhin regelhaft im Einsatz.

Ich sehe da keine großen Probleme, es kommen keine Patienten zu mir und sagen, sie kommen damit nicht klar und haben deswegen irgendwelche Komplikationen. Ich sehe es tendenziell eher positiv. Aber dafür bin ich nicht ganz der richtige Ansprechpartner.

Es gibt durchaus Patienten, die sich keiner antihormonelle Therapie unterziehen möchten und dies Thema Teil eines Coaching bei mir für „Entscheidungen“ wird: Wie hast du das damals gemacht? Ich kann hier definitiv keinen Rat geben und denke, erst mal müssen die Beweggründe geklärt werden. Meine Beweggründe können nicht auf alle passen.

Nur weil ich sie damals in der dritten Diagnose ablehnte, heißt es nicht, dass es nicht sinnvoll gewesen wäre. Im Prinzip ist es wie mit allem anderen auch: Die Entscheidung, warum man etwas ablehnt, sollte gut durchdacht, mit Ärzten besprochen und individuell sein.

Kann man in einer Krebserkrankung mit einem hormonabhängigen Tumor tatsächlich durch eine gewisse Lebensveränderung und Anpassung – durch zum Beispiel einen besseren Umgang mit Stress, durch Sport, einen guten Schlaf und so weiter – den Hormonhaushalt beeinflussen? Ich habe meine Entscheidung nie bereut. 

Was kannst Du zu diesem Thema sagen?

Also wenn ich das beantworten könnte, wäre das – glaube ich – Nobelpreis-würdig. Das ist ja die Frage der Fragen! Was wissen wir letztlich über das Hormonsystem?

Wir wissen, dass das Hormonsystem natürlich eine gewisse zirkadiane Rhythmik aufweist, also einen Tag-Nacht-Rhythmus hat, auf dem man mit gesundem Schlaf einwirken kann. Damit auch das Hormonsystem gut funktioniert.

Wir wissen auch, dass Hormone im Körper nur hergestellt werden können, wenn man sich vitaminstoffreich, also optimal, ernährt. Das Schilddrüsenhormon wird ja mit Jod gebaut und dazu muss man genug Jod an Bord haben – und das gleiche gilt für andere Hormone auch.

Also: Ein gesunder Lebensstil, eine gute Balance ist natürlich für alles wichtig.

Manche Patienten nehmen Indol-3-Carbinol als Unterstützung zur Tamoxifentherapie und andere wiederum, die gar keine antihormonelle Therapie machen möchten, greifen zum Beispiel ausschließlich auf Indol-3-Carbinol zurück. Gibt es dazu irgendwelche Beobachtungen? Kennst Du das Präparat?

Ich glaube nicht, dass es dazu Daten gibt. Indol-3-Carbinol ist eine ergänzende Behandlung und – soweit ich das einschätzen kann – eine schwächer wirksame Behandlung. Aber nein, ich kann dazu nicht sicher etwas sagen, da würde ich mich zu weit aus dem Fenster lehnen.

Mein grundsätzliches Statement dazu, ob man zu einer antihormonellen Behandlung jetzt ja oder nein sagt, ist natürlich: Wir haben viele Daten – auch aus der Endokrinologie.

Ich nehme ein Beispiel, es gibt das Hormon Somatostatin, das alle Stoffwechselvorgänge im Körper ausbremst, also das wirkt wirklich wie die Bremse im Auto – es drosselt alles. Und dieses Hormon Somatostatin wird eingesetzt, wenn man bestimmte neuroendokrine Tumoren behandelt. Und wir wissen, dass Patienten, die das bekommen, länger leben, wenn sie diese Bremse bekommen, weil das System ein bisschen gedrosselt wird.

Das Prinzip funktioniert also, das ist jetzt sozusagen global für dieses endokrine Beispiel gesprochen. Dass eine antihormonelle Behandlung wirken kann und Sinn macht, das glaube ich fest. Die Mechanismen sind überall ein bisschen ähnlich: Ob es jetzt ein neuroendokrines Karzinom oder ein Mammakarzinom ist, es gibt irgendwo immer bestimmte Mediatoren, bestimmte Faktoren – Wachstumsfaktoren zum Beispiel –, die stimulierend auf das Krebswachstum einwirken.

Das Wachstumshormon ist hier ein gutes Beispiel, es ist ja auch ein Hormon in der Endokrinologie. Das Wachstumshormon wird in der Hirnanhangdrüse gebildet und ist im Kindesalter für unseren Stoffwechsel total wichtig, wie der Name schon sagt: zum Wachsen.

Im Erwachsenenalter ist es ein Stoffwechselhormon, mit dem wir uns wohl fühlen, Muskeln aufbauen, Fett abbauen und gut in Form sind. Man kennt es auch als Dopingmittel aus dem Leistungssport, Jan Ullrich und Co, die das missbräuchlich eingenommen haben, um leistungssteigernde Wirkungen zu erzielen. Und dieses Wachstumshormon stimuliert zum Beispiel auch das Tumorwachstum – da weiß man: Wenn ich das Wachstumshormon unterdrücke, kann ich auch begünstigend auf das Tumorwachstum einwirken. Das ist jetzt ein laienhaft formuliertes Beispiel dafür, dass es diese Wirkprinzipien überall im Körper gibt und sie auch greifen.

Das bedeutet im Umkehrschluss aber auch, falls ich Patienten mit Wachstumshormonen behandle, weil sie hier einen Mangel aufweisen, und sie zufällig ein unentdecktes Prostata- oder Mammakarzinom haben, dann wird der Tumor zum Wachsen angeregt. Deswegen muss man die Personen immer vorab gut durchchecken. 

Ich selbst habe kein gutes Gefühl bei zusätzlichen Hormonverabreichungen.  Gerade was die Antibabypille angeht, gibt es die Vermutung, dass es zu Tumorbildungen kommen kann, wenn Frauen die Hormone über viele Jahre einnehmen.

Wie ist deine Meinung dazu?

Da gibt es gute neue Erkenntnisse und letztlich blicken wir hier auf über dreißig, vierzig Jahre zurück. Und die Autoren der damaligen Studie beziehungsweise der großen Untersuchungen, die gesagt haben, die Pille befördere Krebs, haben in einer Nachuntersuchung vor Kurzem selbst publiziert und sozusagen zugeben, dass das damals leider eine Fehlinterpretation war. Heute kann man das sehr balanciert sehen.

Die Pille hat gewisse Risiken, natürlich gibt es hier eine Thromboseneigung und in sehr, sehr wenigen Fälle ist sie vielleicht auch ein bisschen tumorfördernd – aber das sag ich ganz vorsichtig, weil die Daten auf die sich das damals in den Achtzigern bezog, gingen von viel höheren Dosierungen aus, auch von anderen Präparaten.

Heute wiederum weiß man schon, welches Präparat man in welcher kleinstmöglichen Dosierung man einsetzen muss. Das Krebsrisiko ist mittlerweile so gering, dass es in der Nutzen-Risiko-Abwägung meistens gar kein Problem ist, es für eine gewisse kurze Zeit einzusetzen. Wir reden hier über ein, zwei, maximal drei Jahre, um perimenopausal zum Beispiel Beschwerden zu lindern.

Aber das ist zum Beispiel etwas, was kaum kommuniziert wird, weil viele Frauen die Pille über Jahrzehnte hinweg nehmen.

Wir haben hier zwei Themen: Das eine Thema ist die Hormonersatztherapie, die man in den Wechseljahren für ein bis zu drei Jahren durchführt. Das andere ist die Pille als Antibabypille, die man sehr gut untersucht hat – hier gibt es unterschiedliche Bestandteile: östrogenhaltige und gestagenhaltige.

Da weiß man, dass das Risiko bei gestagenhaltigen Präparaten für eine Tumorentstehung sehr viel geringer ist. Und die Minipille zum Beispiel kann man guten Gewissens empfehlen, die hat nur ein minimalstes Risiko. Insofern ist das ein bisschen entmystifiziert: die Antibabypille hat eigentlich keine Tumoren zufolge. 

Um noch einmal auf die Wechseljahre zurückzukommen: Beschränkt sich die Einnahme auf ein bis drei Jahre, um über die Umstellungszeit zu kommen? 

Genau, in den Wechseljahren kommt es zu einem Hormonabfall: Das Östrogen fällt ab, die Eierstöcke produzieren nicht mehr so stark und diesen Entzug, diesen Abfall bemerkt der Körper – und das sind die Wechseljahre, das macht die Wechseljahresbeschwerden.

Wenn man diesen Abfall durch eine passagere Hormonsubstitution ein bisschen abfedert, nimmt man den Frauen die Beschwerden und sie kommen besser durch die Wechseljahre. Die dauern ja meistens nur ein, zwei Jahre, manchmal auch drei – und in der Zeit niedrig dosiert eines der neueren Präparate einzusetzen, ist häufig ein Segen und ein gut vertretbares Risiko. 

Für eine ehemalige Krebspatientin, die sich in den Wechseljahren befindet und Beschwerden hat, kommt das dann aber nicht in Frage, oder? 

Da ist man sehr zurückhaltend, das stimmt.

Könnte man z. B. durch Phytohormone die Wechseljahresbeschwerden beeinflussen? Ist die Wirkung von Phytohormonen ähnlich wie die von synthetisch hergestellten Produkten? Sind sie vielleicht auch weniger gefährlich?

Du interviewst hier natürlich einen Schulmediziner der klassischsten Sorte. Die synthetisch hergestellten Hormone sind deswegen so gut, weil wir bei jeder Tablette genau wissen, wie sie in welcher Konzentration und Menge wirkt.

Es gibt Zulassungsstudien dazu, bei denen das übergeprüft wurde und wo wir eine Verlässlichkeit haben. Eine quasi jahrzehntelange Erfahrung und das ist sozusagen immer mein Argument, wenn ich jetzt auf – sagen wir mal – pflanzliche Produkte zurückgreife, die zweifelsohne im Hormonstoffwechsel auch etwas bewirken.

Aber wie genau sie bei jedem wirken, in welcher Konzentration und mit welcher Verlässlichkeit weiß man nicht genau. Deshalb würde ich, wenn ich es bräuchte, eben immer auf das zurückgreifen, was bereits überprüft und nachgewiesen wurde.

Können Phytohormone tumorfördernd sein, wenn man sie über einen längeren Zeitraum gibt?

Das weiß ich nicht. Ich weiß auch nicht, ob es dazu Studien gibt oder Untersuchungen, die das beweisen würden. Kann ich ehrlicherweise nichts dazu sagen.

Vielleicht können wir noch kurz auf meine Geschichte eingehen, was ist deine Meinung dazu aus endokrinologischer Sicht? 

Ich denke ein wichtiger Punkt ist, dass man das endokrine System einmal ganz durchcheckt – gerade wenn man Therapien hinter sich hat bringen müssen.

Man muss sich vorstellen, dass das Drüsengewebe im Körper sehr empfindlich ist – dort werden ja Hormone produziert – und ähnlich eines Schwammes auch schnell Schaden nehmen kann.

Es kann zum Beispiel durch eine Bestrahlung, eine Chemotherapie oder sonstige Medikamente beeinträchtigt werden.

Deswegen bin ich immer ein Freund davon, sich im Vorfeld durchchecken zu lassen. Meist sieht man das auch gar nicht direkt mit einer Blutabnahme – das ist ja auch so ein Punkt –, wir Endokrinologen machen immer Stimulationstests, um festzustellen, ob eine Drüse richtig funktioniert oder nicht.

Wenn man nur einmal, etwa morgens Blut abnimmt, dann misst man Werte im Mittelfeld, weiß aber gar nicht, ob der Körper, wenn er dann gefordert ist, überhaupt in der Lage ist, genug zu produzieren und ob die Drüsen intakt sind.

Als du von meiner Krebsgeschichte gehört hast und auch davon, dass ich mittlerweile beruflich Krebspatienten begleite – für wie wichtig erachtest du den Beruf des Cancer Coachings? 

Ich finde ihn unglaublich wichtig, weil man seine Krankheit nicht alleine meistern muss und es immer eine Begleitung auch jenseits des ärztlichen Kontaktes braucht.

Wir wissen ja auch, dass eine psychische Ausgeglichenheit, woher sie auch immer kommt – ob durch eine mentale Begleitung, eine Therapie oder was auch immer für eine Maßnahme –, nachweislich zum Beispiel das endokrine System positiv beeinflusst.

Das einfachste Beispiel ist natürlich Kortisol und Adrenalin: Wenn ich dauernd unter Stress stehe, habe ich auch Probleme mit dem Stoffwechsel. Wenn ich also viel Kortisol in meinem Blut habe, wenn ich immer gestresst bin, weil ich zum Beispiel meine Krankheitsverarbeitung alleine nicht hinbekomme, dann wirkt sich das auch auf meinen Blutdruck aus, auf meine Verteilung des Fettgewebes, auf meine Glukosestoffwechsellage et cetera.

Hier gibt es eindeutige Zusammenhänge und insofern ist das natürlich eminent wichtig, was du machst – man erfährt ja nicht nur eine Unterstützung, sondern, ich glaube auch, dass das sowohl psychisch als auch somatisch wirkt.

Wunderschönes Schlusswort. Vielen Dank für unser spannendes und aufschlussreiches Gespräch.

Bitte, sehr gerne.